Ich wusste gleich, dass es eine furchtbar peinliche Angelegenheit werden würde. Aber Tim hatte unbedingt darauf bestanden, dass ich zu seiner Silvesterparty kam. Er tat das nicht ganz uneigennützig. Es ging ihm nicht nur darum, dass ich, seine Mutter, alleine war, seit sein Vater gestorben war und als allein stehende Frau zwar einige Freunde hatte, aber auf großen Partys als Solo Dame reifen Alters nicht unbedingt eine Trumpfkarte war. Natürlich, er dachte auch daran, dass ich ausgerechnet an Silvester sonst alleine sein würde. Aber vor allem dachte er daran, dass ich mich auf seiner Party nützlich machen konnte, für das Essen sorgen, Getränke einschenken, spülen und aufräumen. Das war dann auch der Grund, warum ich mich letztlich doch dazu überreden ließ, mich am 31. Dezember morgens in einen Zug zu setzen, um nach Göttingen zu fahren, wo er in einer kleinen Studentenbude hauste. Das heißt, so klein war die Wohnung gar nicht; zumal nicht für einen Studenten. Immerhin hatte er zwei Zimmer und nicht nur einen „Bedsitter“.
Als ich ankam, durfte ich ihm zuerst einmal helfen, alle Möbel in beiden Zimmern an die Wand zu schieben, so dass in der Mitte viel Platz für die vielen Gäste war, die er erwartete. Anschließend machte ich mich gleich an die kulinarischen Vorbereitungen, während Tim loszog, um die Getränke zu besorgen. Als er zurückkam, war er nicht alleine; er hatte bereits zwei Freunde von sich abgeholt, ein Pärchen. Die zwei sahen mich mit großen Augen an – wo gibt es denn so was, dass ein Student seine Mutter auf eine Party einlädt; diese Frage stand ihnen nur zu deutlich ins Gesicht geschrieben. Sie grüßten kaum, dafür begannen sie sofort, ganz ungeniert aneinander herumzumachen. Und damit meine ich nicht bloß, dass sie sich umarmten und küssten, sondern er hatte seine Hand ganz offen in ihrer Bluse, unter der sie ersichtlich nichts trug – allerdings hatte sie bei ihren straffen Brüsten einen BH auch wirklich nicht nötig -, und sie schob ihm immer wieder die Hand zwischen die Beine und fummelte ganz schamlos an seinem Schwanz herum. Und das, während sie direkt neben mir standen, als ich am Küchentisch einen weiteren Salat auf den Weg brachte. Daran, mir zu helfen, dachten die beiden nicht; nicht einmal die junge Studentin. Von der hätte ich es noch eher erwartet als von einem jungen Mann, sich nützlich zu machen.
Tim war weit und breit nicht zu sehen; er musste dringend noch ein paar Knabbereien besorgen und weitere Freunde abholen, die alle nicht mit dem Auto kommen wollten, um ohne Reue abends etwas trinken zu können. Zum Beispiel von der Silvesterbowle, die ich bereits angesetzt hatte und der ich nachher nur noch den letzten Schliff verleihen musste. Ich habe mich selten so unbehaglich gefühlt wie da in der Küche der Studentenbude meines Sohnes, mit dem knutschenden Pärchen neben dran, das mich so gut wie nicht beachtete. Dafür flüsterten sie sich ab und zu etwas zu und lachten. Ich war mir nicht sicher, ob sie nicht über mich witzelten. Es erhöhte meine Verlegenheit noch. Aber es sollte noch viel schlimmer kommen. Ein paar weitere Gäste trafen ein, als Tim noch nicht wieder zurück war. Nachdem die frisch Verliebten keine Anstalten machten, an die Tür zu gehen, musste ich ihnen öffnen. In allen ihren Gesichtern stand dieselbe Verwunderung geschrieben, als sie mich, die reife Dame, erblickten und ich mich als Tims Mutter vorstellte. Was macht die Alte denn hier; hörte ich sogar einen von Tims Freunden halblaut fragen. Es tat weh, dass zu hören. Okay, ich bin eine reife Frau ab 40 und im Vergleich zu diesen Jungs und Mädels Anfang 20 nun wirklich ein altes Weib. Trotzdem – hatten diese jugendlichen Besserwisser denn überhaupt keine Manieren gelernt? Konnte mich nicht wenigstens einer von ihnen ganz normal begrüßen, statt mich wie eine Art Dienstmädchen und unerwünschten blinden Passagier zu behandeln? Offensichtlich nicht.
Die Wohnung füllte sich nach und nach, und mit der Wohnung meine ich die zwei Zimmer, und die Küche, wo ich noch immer am Ackern war. Keiner half mir, keiner sagte etwas zu mir. Es war nicht einmal so, als ob ich als reife Frau Luft für die jungen Leute gewesen wäre. Das hätte ich ja noch verkraftet, wenn sie mich alle ignoriert hätten. Aber ich merkte es nur zu deutlich, dass sie mich als störend empfanden, als Fremdkörper. Es wurde so schlimm, dass ich gegen sieben, als die Bowle endlich fertig war, sogar schon am Überlegen war, mich zurück zu begeben an den Bahnhof. Irgendein Zug würde sicher noch fahren, und lieber an Silvester alleine im Zug sitzen, als die einzige „Alte“ im Kreis junger Leute zu sein, die unter sich sein wollen und höchstens jemanden für die Küchenarbeit brauchen. Ich kam mir vor wie Aschenputtel höchstpersönlich, die schuften muss, während ihre glücklicheren Schwestern feiern und war sogar ein klein bisschen sauer auf Tim. Hätte er seine Freunde nicht vorher vorwarnen und ihnen sagen können, dass sie sich mir gegenüber höflich benehmen sollten? Oder nein, noch besser – hätte er nicht darauf verzichten können, mich in diesen Schlamassel hineinzuziehen?
In den beiden Zimmern waren sie schon kräftig am Feiern, mit lauter Musik und lautem lachen, doch ich traute mich nicht aus der Küche heraus, in der ich endlich alleine war, nachdem alle anderen einer nach dem anderen nach drüben gedriftet waren. Obwohl meine Vorbereitungen hier eigentlich abgeschlossen waren. Endlich kam Tim und zerrte mich regelrecht hinaus. Doch er bemühte sich nicht, seine alte Mutter in den Kreis der Studenten zu integrieren, und so stand ich nur dumm herum im Kreis der jungen Frauen und Männer. Das war schlimmer, als das Aschenputtel in der Küche zu machen. Also suchte ich mir schnell ein paar bereits benutzte Gläser und Teller fürs Spülen und zog wieder ab. Dann hatte ich wenigstens was zu tun. Ich hatte meine Hände gerade in Gummihandschuhen in das seifige Wasser getaucht, da klingelte es erneut. Erwartete Tim etwa noch mehr Gäste? Es waren schon so etwa 16 Leute da; die Wohnung war total überfüllt, und der Lärm war selbst nebenan in der Küche nahezu unerträglich. Ich wartete, dass Tim die Tür aufmachen und weitere lärmende Mitstudenten hereinbitten würde, doch er kam nicht. Es schellte wieder und wieder. Offensichtlich hörte man in der Wohnung bei dem ganzen Krach die Klingel nicht, und ich nahm sie nur wahr, weil die Küche der Tür direkt gegenüber liegt. Notgedrungen zog ich meine Hände aus dem Spülwasser und öffnete die Tür. Davor stand ein weiterer junger Mann, wie Tim wohl so etwa Anfang 20, mit langen, dunkelblonden Haaren, die ganz kraus waren, wie bei einer Dauerwelle, nur dass es bei ihm wohl Natur war und keine Kunst, und die hatte er im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
Es war eine Frisur, wie ich sie als reife Dame für einen jungen Mann eigentlich vollkommen unmöglich finden sollte; aber ich musste zugeben, es stand ihm gut und verlieh ihm noch zusätzlich Ausstrahlung. Nicht dass er das nötig gehabt hätte; schon seine Augen, dunkelbraun wie Bitterschokolade, mit Glanzlichtern von der Flurlampe darin, sein breiter Mund mit den vollen Lippen, der nicht nur lächelte, sondern wirklich mich anlächelte, und seine schlaksige, aber selbstbewusste Haltung schlugen mich vollkommen in ihren Bann. Ich fand den jungen Mann hinreißend! Und als er dann noch sagte: „Ich bin Leon. Und Sie müssen Tims Mutter sein!“ und mich dabei kurz entschlossen an sich zog, mir ein Küsschen rechts auf die Wange und eines links auf die Wange verpasste, war ich vollends hin und weg. Ich spürte etwas, was ich schon lange nicht mehr gespürt hatte, denn nach dem Tod von Tims Vater hatte ich keineswegs als lustige Witwe gelebt, sondern sehr zurückgezogen und ohne Männerkontakte. Ich spürte, wie etwas in mir ganz weich und warm wurde und ein Eisklotz, der da bisher in mir drinnen gewesen war, sich auflöste.
Einen Bruchteil länger als nötig genoss ich die Arme des jungen Mannes um mich herum, bevor ich mich zurückzog, ihn willkommen hieß und ihm den Weg zeigte. Anschließend kehrte ich wieder in die Küche zurück. Ich war mit dem Spülen noch nicht einmal fertig, da ging plötzlich die Tür auf – und herein kam Leon. Ohne dass ich ihn darum gebeten hatte, griff er sich ein Geschirrtuch und begann damit, die Gläser, das Besteck und die Teller abzutrocknen, die ich in dem Abtropfkorb gestapelt hatte. Ich spürte seine Anwesenheit so intensiv, als ob alle meine Nervenenden unter Strom stünden. Und als ich es wagte, ihn flüchtig anzusehen, und er mich erneut anlächelte, wie vorhin, begann der Strom noch stärker zu fließen. Genaugenommen fühlte ich mich jetzt noch unbehaglicher als die ganze Zeit zuvor, aber irgendwie auch so lebendig, wie ich mich schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Die elektrischen Funken schienen direkt über meine Haut zu tanzen. „Wissen Sie, dass ich noch nie eine so schöne Frau gesehen habe, wie Sie es sind?„, meinte Leon auf einmal. Ich erstarrte mitten in der Bewegung. Es war Jahre her, dass ich zuletzt ein Kompliment wegen meines Aussehens bekommen hatte. Ich gebe zu, ich hatte mich schon für diese Silvesterparty schick gemacht, obwohl ich offensichtlich dabei nur das Dienstmädchen und Aschenputtel in der Küche zu sein hatte. Das schlichte, aber elegante schwarze Kleid, das ich gewählt hatte, stand mir gut, das wusste ich, denn es betonte die Tatsache, dass ich trotz meines reifen Alters noch schlank war. Ebenso standen mir die schwarzen Nylons und die schwarzen Abendsandaletten. Mit denen ich mir in der Mitte all der jungen Frauen in Jeans und Pulli allerdings gravierend overdressed vorgekommen war. Die hatten sich offensichtlich alle nicht herausgeputzt, sondern legere Kleidung war angesagt. Wie sie übrigens auch Leon trug. Beim Friseur war ich ebenfalls noch extra gewesen; mein Pagenschnitt saß perfekt. Nur zum Schminken hatte es mit all der Hektik in der Küche nicht mehr gereicht. Außer einem Hauch Puder, ein wenig bronzefarbenen Lippenstift, der schon weit gehend verblasst war, Wimperntusche und Lidstrich war ich ungeschminkt. War ich wirklich schön? Nun, wenn so ein junger Mann das sagte, durfte ich es wohl glauben; schließlich hatte er ja die ganzen jugendlichen Schönheiten nebenan und war trotzdem zu mir gekommen.
Noch immer stand ich da, bewegungslos, die Hände im Spülwasser. Leon stellte das Glas, das er gerade getrocknet hatte, in den Schrank, legte das Geschirrtuch beiseite, stellte sich hinter mich, und legte beide Arme um mich. „Glaube es ruhig„, flüsterte er, bevor sein Mund in meinem Nacken die Stelle suchte, wo der Haaransatz war. „Du bist schön!“ Seine Hände begannen, ganz sachte über meine Oberarme zu streicheln. Zum Glück verbarg mein langärmeliges Kleid die Tatsache, dass dort, besonders auf der Innenseite, die Haut schon so langsam begann, schlaff und faltig zu werden. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Erotische Kontakte war ich nicht mehr gewohnt; und schon gar nicht erotische Kontakte zu einem jungen Mann mit einer solchen Ausstrahlung. Das Streicheln an meinen Armen ging weiter. Hatte Leon bisher noch ein wenig Abstand zu mir gehalten, so änderte sich das nun jedoch; ganz eng presste er sich gegen meinen Rücken, ließ die Hände sinken und führte sie über meine Hüften. Auf einmal fasste er nach vorne und zog mich fest an sich. Seine Hüften bewegten sich gegen meine, und ich konnte es fühlen, wie seine Erregung sich heiß an meinem Hintern rieb. Der auch nicht mehr so straff war, wie er früher mal gewesen war. Doch das vergaß ich total, als mir eine ganz unerwartete Hitze jäh durch den Unterleib schoss. Von meinen Hüften wanderten die kräftigen Hände von Leon direkt nach vorne, schoben den dünnen Wollstoff des schwarzen Kleids zusammen, als sie sich zwischen meine Beine drängten. Ich schrie leise auf, als er in meinem Schritt hin und her ging; das Gefühl war von einer geradezu schneidenden Schärfe, die auch durch die ganzen Lagen Stoff – mein Höschen, die Nylonstrumpfhose und die geknüllten Falten der Wolle – nichts von ihrer Intensität verlor. Immer härter presste er mich gegen seinen Schwanz, und sein Becken bewegte sich immer schneller, stieß wieder und wieder gegen meinen Po. Meine Hände steckten noch immer im Seifenwasser. Zu gerne hätte ich sie herausgenommen, nach hinten gefasst, Leon berührt – aber ich konnte ihm doch nicht mit nassen Gummihandschuhen seine Jeans nass machen! So stand ich da, als ob ich ans Waschbecken gefesselt wäre.
Das änderte sich auch nicht, als Leon nun langsam vor meinem Bauch den Rock meines Kleids raffte, den Saum immer weiter nach oben schob, und sich dann ganz aufdringlich in meine Strumpfhose drängte und sogar in meinen Slip. Es gab ein leise schmatzendes Geräusch; der beste Beweis dafür, dass ich klitschnass war. Was mir aber auch ohne diesen Beweis schon klar gewesen war. Ich hatte keine Ahnung, woher Leon das Wissen darum hatte, wie man mit den Fingern seitlich in der Scham einer Frau reiben und kreisen musste, um sie zum Wahnsinn zu treiben. Er konnte es einfach. Mein verstorbener Mann hatte mich da nie mit den Händen berührt; und seit ich Witwe war, hatte mein Schritt höchstens mal ganz flüchtig meine eigenen Hände erlebt. Ich schrie wieder leise auf, als er weiter nach hinten rutschte, mit einer Hand in mich eindrang, ohne nachzulassen, mich mit der anderen zu massieren, inmitten all der Nässe. Mein Unterkörper zuckte, als ob sich der Strom von vorhin nun ausschließlich darauf konzentriert hätte. Endlich hatte ich genug davon, so passiv herumzustehen. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob das jetzt passend war oder nicht, riss ich meine Hände in den nassen Gummihandschuhen aus dem Wasser und griff nach hinten. Ich tastete mich zwischen unseren beiden Körpern vor, bis ich die harte Beule gefunden hatte, und tobte mich darauf aus, rieb und streichelte. Viel musste ich gar nicht tun, denn er ließ ja selbst das Becken immer wieder vor und zurück rucken; eigentlich musste ich nur meine Hände dorthin halten, wo sein Schwanz auftraf, und ein bisschen nachfassen. Schon bald hörte ich sein dunkles Stöhnen in meinem Ohr, seine Bewegungen wurden schneller. Auch die seiner Finger an meiner Scham. Wir kamen fast gleichzeitig, da am Spülbecken, und danach drehte er mich zu sich um, noch keuchend von seinem Orgasmus, und hielt mich fest in seinen Armen. Auch wenn er mich dann bald wieder alleine in der Küche ließ – um Mitternacht, als ich mich mitten in den Trubel begab, viel selbstbewusster als vorhin, denn Aschenputtel hatte seinen Prinzen gefunden, wenn auch vielleicht nur für ein kurzes erotisches Abenteuer, stieß er als Erstes mit mir an. Und ich stellte fest, die anderen waren eigentlich auch ganz nett. Zumindest, wenn man auf einer Wolke von Verliebtsein und sexueller Befriedigung schwebte wie ich in diesem Augenblick.